RADIKALE EMPATHIE
Die radikale Empathie ist mittlerweile Realität in unserer Gesellschaft. Eine Emotion, die meist aus der Intuition wächst und auf Mitgefühl fußt, soll nun erlernt und radikal umgesetzt werden?
Foto by Radikale Empathie_Original Plakat von BRE 1992_www.bewegung-fuer-radikale-empathie.de
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Vor einer Woche bin ich über einen Artikel gestolpert, der Mitte April 2022 in der deutschen Zeitung WELT veröffentlicht wurde. Der Titel des Artikels hat mich neugierig gemacht: Radikale Empathie. Mein erster Gedanke war: „Da spielt ein Journalist mit einem Aphorismus“! Doch weit gefehlt, das ist scheinbar ein neuer „Führungsstil“, der Chefs jüngst nahegelegt wird. Doch was ist damit gemeint?
Durch radikale Empathie zum Frieden?
Mit Beginn der 1970er-Jahre entsteht eine Organisation, die sich unermüdlich für mehr Mut, Empathie und Respekt einsetzt: Die Bewegung für Radikale Empathie, kurz BRE. Ihre Leitmaximen sind Mut, Empathie und Respekt. In respektvollem Austausch soll sich wieder einander angenähert werden, anstatt sich in blindem Hass voneinander zu entfernen. Darauf hat die BRE durch zahlreiche Demonstrationen und Aktionen für mehr Toleranz und ein friedliches Miteinander aufmerksam gemacht. Doch warum radikal? Das Adjektiv könnte auf einen der Gründer, Joachim Unland, zurückzuführen sein, der sich zunächst bei der RAF engagiert, sich allerdings nach deren Radikalisierung von ihr distanziert hatte. Die Bewegung erkannte, dass in der Gesellschaft Werte wie Toleranz zusehends verkümmerten, und strebte friedlichen Lösungen von Missständen an. Aber kann man durch radikale Empathie Frieden erlangen, wenn doch laut dem Duden „radikal“ bedeutet „mit Rücksichtslosigkeit und Härte vorgehend“? Kann man eine Emotion oder ein Mitgefühl, das unser menschliches Miteinander auf der Erde steuert, mit Härte umsetzen oder ist das widersprüchlich?
Empathie erfordert Selbstwahrnehmung
Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Grundlage der Empathie ist demnach die Selbstwahrnehmung, das heißt: Je offener eine Person für ihre eigenen Emotionen ist, desto besser kann sie auch die Gefühle anderer deuten. Somit ist ein Mensch umso empathischer, wenn er oder sie sich selbst versteht, vor allem aber seine eigenen Emotionen. Seine eigenen Emotionen zu verstehen, ist aber nicht so einfach, da man sozusagen ans „Eingemachte“ muss, also abtauchen in das eigentliche Ich, in das Unterbewusstsein, die Seele betrachten. Nun, wer macht das schon gerne? Denn dort sind viele Gefühle, positive wie negative, die man im Laufe des Lebens angesammelt hat. Tief in uns gibt es tolle Erfahrungen und Glücksmomente, aber auch Enttäuschungen, Verletzungen und Trauer.
Warum sollen Kinder Empathie erlernen?
Im August dieses Jahres bin ich auf einen Artikel gestoßen mit dem Titel “Empathie als Schulfach - Zuhören und respektieren”. Demnach stehen in Dänemark nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen auf dem Stundenplan, sondern auch Empathie. In einem Land, das “die glücklichsten Bürger der Welt” hat, ist seit 1993 Empathie ein Schulfach, denn Empathie sei nicht angeboren, heißt es. Mädchen und Buben zwischen 6 und 16 Jahren sind demnach gezwungen, während einer Stunde pro Woche über ihre Gefühle und Probleme zu sprechen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten eine Stunde pro Woche in ihrem Team auf der Arbeit (womöglich auch mit ihrem Chef) über ihre intimsten Gefühle sprechen. Allein schon der Gedanke ist für viele sicherlich unbehaglich. Ist es denn nicht viel natürlicher, mit Menschen, denen man vertraut und liebt, über die eigenen Emotionen zu reden? Ist es demnach nicht viel natürlicher für Kinder, dass sie sich selbst die Menschen aussuchen, mit denen sie über ihre Gefühle reden? Nun ein Einwand könnte sein, dass sie keinen Menschen haben, den sie lieben und vertrauen. Aber ist in diesem Fall ein Lehrer eine geeignete Person?
Empathie unter Corona
Schulen und Kindergärten haben unter der Corona-Zeit sehr gelitten und tun dies immer noch. Es gab mehr digitales Lernen, weniger Präsenzunterricht, und gab es endlich doch Präsenzunterricht, wurden die Schüler mit Tests und Gesichtsmasken malträtiert. Unter einer Maske sieht man allerdings nicht die Gesichtszüge eines Menschen und eben diese sind sehr wichtig für die Selbst- und Fremdwahrnehmung. Kinder haben demnach ihre Umwelt gar nicht richtig wahrgenommen, so konnten sie auch keine Empathie oder Mitgefühl erlernen. Hinzu kam auch die fehlende Interaktion mit Gleichaltrigen, die gerade digital nicht möglich ist. Besonders wichtig ist die Entwicklung von Selbstwahrnehmung als Basis für Empathie für Kinder im Alter von vier und fünf Jahren. Ein „Vertiefungsseminar“ zur Entwicklungspsychologie der Ludwig-Maximilian-Universität in München stellt fest, dass Kinder im Alter von vier und fünf Jahren beginnen, ihr “Meta-kognitives Ich-Bewusstsein” zu entwickeln. Sie betrachten die eigene Person aus Sicht anderer. Somit haben viele Kinder in den vergangenen Jahren weder ihre Selbstwahrnehmung erlernt, noch Empathie. Sie konnten zwar mit ihrer Familie interagieren, kaum aber mit Gleichaltrigen in der Schule. Eine weitere Frage ist natürlich: Sind Lehrer geeignet, Empathie zu lehren? Der dänische Schriftsteller Peter Høeg, der auch in Deutschland Empathie-Seminare gibt, antwortet in einem Interview mit WELT auf die Frage über die Eignung, an Empathie-Seminaren teilzunehmen: “Die Teilnehmer sollten geerdet sein. Denn wenn sie später selbst Empathie unterrichten, lehren sie nicht nur einen Stoff, sie müssen den Lehrinhalt verkörpern. Information ist nur ein kleiner Teil, es geht um die Vermittlung einer Art zu sein.”
Fazit
Wenn man an die Hysterie mancher Lehrer denkt, die Kinder unter Impf- und Masken-Druck setzten, bin ich mir nicht sicher, ob deutsche Lehrer geeignet sind, Empathie zu lehren. Es gibt natürlich Ausnahmen und ein Bericht im Bildungsmagazin “news4teachers” gibt Hoffnung, dass es noch Lehrer gibt, die ihren Bildungsauftrag ernst nehmen. Doch frage ich mich, ist es nicht natürlicher, wenn Kinder Empathie durch ihre eigene Selbstentwicklung lernen, gemeinsam mit den Eltern und Gleichaltrigen? Warum will auch hier der verlängerte Arm des Staates, also Lehrer, Erzieher, das Lehren der Empathie übernehmen?
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A week ago I stumbled across an article published in the German newspaper WELT in mid-April 2022. The title of the article made me curious: Radical Empathy. My first thought was: "A journalist is playing with an aphorism"! But far from it, this is apparently a new "leadership style" that bosses have recently been encouraged to adopt. But what is meant by this?
Through radical empathy to peace?
With the beginning of the 1970s, an organisation emerges that tirelessly campaigns for more courage, empathy and respect: The Movement for Radical Empathy, or BRE for short. Its guiding principles are courage, empathy and respect. Respectful exchange should bring people closer together again instead of moving away from each other in blind hatred. The BRE has drawn attention to this through numerous demonstrations and actions for more tolerance and peaceful coexistence. But why radical? The adjective could be due to one of the founders, Joachim Unland, who was initially involved with the RAF but distanced himself from it after it became radicalised. The movement recognised that values such as tolerance were visibly withering away in society and sought peaceful solutions to grievances. But can peace be achieved through radical empathy when, according to the Duden dictionary, "radical" means "acting with ruthlessness and harshness"? Can an emotion or compassion that governs our human interaction on earth be implemented with harshness, or is that contradictory?
Empathy requires self-awareness
Empathy refers to the ability and willingness to recognise, understand and empathise with sensations, emotions, thoughts, motives and personality traits of another person. The basis of empathy is therefore self-awareness, i.e. the more open a person is to his or her own emotions, the better he or she can interpret the feelings of others. Thus, a person is all the more empathic if he or she understands himself or herself, but above all his or her own emotions. Understanding one's own emotions is not so easy, however, because one has to "get down to the nitty-gritty", so to speak, i.e. dive into the real self, into the subconscious, look at the soul. Well, who likes to do that? Because there are many feelings there, positive and negative, that one has accumulated in the course of life. Deep inside us there are great experiences and moments of happiness, but also disappointments, hurts and sadness.
Why should children learn empathy?
In August this year I came across an article entitled "Empathy as a school subject - listening and respecting". Accordingly, not only reading, writing and arithmetic are on the curriculum in Denmark, but also empathy. In a country that has "the happiest citizens in the world", empathy has been a school subject since 1993, because empathy is not innate, they say. Girls and boys between the ages of 6 and 16 are forced to talk about their feelings and problems for one hour a week. Imagine having to talk about your most intimate feelings for an hour a week with your team at work (possibly with your boss as well). The thought alone is certainly uncomfortable for many. After all, isn't it much more natural to talk about your emotions with people you trust and love? Accordingly, isn't it much more natural for children to choose the people with whom they talk about their feelings? Well, one objection could be that they don't have a person they love and trust. But in this case, is a teacher an appropriate person?
Empathy under Corona
Schools and kindergartens suffered a lot under Corona and still do. There was more digital learning, less face-to-face teaching, and if there was finally face-to-face teaching, students were maltreated with tests and face masks. Under a mask, however, you can't see a person's facial features, and these are very important for self-perception and the perception of others. Children therefore did not perceive their environment properly, so they could not learn empathy or compassion. In addition, there was also the lack of interaction with peers, which is not possible, especially digitally. The development of self-perception as a basis for empathy is particularly important for children aged four and five. An "in-depth seminar" on developmental psychology at the Ludwig Maximilian University in Munich states that children begin to develop their "meta-cognitive ego awareness" at the age of four and five. They view their own person from the perspective of others. Thus, many children have not learned self-awareness or empathy in the past years. They could interact with their family, but hardly with peers at school. Another question, of course, is: Are teachers suited to teach empathy? The Danish writer Peter Høeg, who also gives empathy seminars in Germany, answers the question about the suitability of taking part in empathy seminars in an interview with WELT: "The participants should be grounded. Because if they teach empathy themselves later, they don't just teach a subject matter, they have to embody the teaching content. Information is only a small part, it's about teaching a way of being."
Conclusion
When you think of the hysteria of some teachers who put children under vaccination and mask pressure, I am not sure that German teachers are suited to teach empathy. There are exceptions, of course, and a report in the education magazine "news4teachers" gives hope that there are still teachers who take their educational mission seriously. But I ask myself, isn't it more natural for children to learn empathy through their own self-development, together with their parents and peers? Why does the extended arm of the state, i.e. teachers, educators, want to take over the teaching of empathy here too?
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